Vorgesetzte sollten als positives Vorbild vorangehen

Das Interview ist für Arbeitsschutzinteressierte und als Info für Redaktionen / Medien relevant - und wird daher bei uns unter der Rubrik "Presse" veröffentlicht.

Stefan Stilling, 44 Jahre alt, ist Inhaber der Firma „Stilling Arbeitsschutz“ in Bad Mergentheim. Das Unternehmen berät und unterstützt Betriebe in allen Fragen der Arbeitssicherheit und der Unfallverhütung. Wir stellten Stefan Stilling im Kurzinterview Fragen zum Thema „Arbeitssicherheit auf Baustellen im Hoch- und Tiefbau“, insbesondere zum Aspekt der Gefährdungsbeurteilung und möglicher Maßnahmen, um Unfälle zu vermeiden.

Frage: Wodurch sind die heutigen Bauarbeiter (Hochbau / Tiefbau) besonders gefährdet? Und warum?

Stefan Stilling: Zunächst mal können auf Baustellen die unterschiedlichsten Gefährdungen und Belastungen auftreten. Trotz moderner Technik ist die Arbeit auch heute noch körperlich anstrengend. Das bedeutet: Ständig wechselnde Arbeitsorte und Arbeitsbedingungen, wie Nässe, Hitze, Kälte, Zugluft, Staub, Lärm und Vibrationen. Das Absturzrisiko in großer Höhe, Einsturzgefahren in Gruben und Gräben, das Arbeiten im direkten Umfeld von schweren Maschinen und Geräten oder im Straßenverkehr – all das sind nur einige Beispiele.

Auf dem Bau herrscht oft ein "rauer Ton". Die Mitarbeiter stehen oft unter einem großen Zeitdruck. Hier kommt es oft zu Zielkonflikten zwischen Arbeitsschutz-gesetzen und Arbeitgeber-Interessen. Wie sind Deine Erfahrungen?

Stilling: Natürlich hat jede Branche ihre Eigenarten, doch der „raue Ton“, Zeit- und Termindruck und insbesondere die genannten Konflikte zwischen den gesetzlichen bzw. den berufsgenossenschaftlichen Vorgaben und den Arbeitgeber-Interessen sind nicht nur in der Baubranche, sondern in vielen Branchen, vielleicht sogar in jeder Branche vorhanden.

Eine Gefährdungsbeurteilung auf Baustellen zeigt wohl besonders viele Gefährdungsfaktoren auf. Stimmt es, dass man auch in Zukunft mit größeren Risiken auf Baustellen leben muss?

Stilling: Risiken sind immer da, die gehören zum Leben. So wie das Amen in der Kirche 😉 Die Hauptaufgabe des Arbeitgebers, der Vorgesetzten, sowie natürlich jedes Mitarbeiters sind es, die Risiken, soweit dies möglich ist, zu vermeiden bzw. in ein tolerierbares Maß zu bringen.

Wo setzt eine Gefährdungsbeurteilung auf Baustellen an? Gibt es hier eine "Blaupause", einen Plan, wie man vorgehen sollte?

Stilling: Die Gefährdungsbeurteilung setzt immer beim Aufbau einer geeigneten Arbeitsschutzorganisation an. Und hier trägt maßgeblich der Arbeitgeber dazu bei, da dieser ausreichend zeitliche und finanzielle Ressourcen einplanen sollte. Unterstützt wird dieser dann durch die „Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ und die Betriebsärzte sowie auf größeren Baustellen zusätzlich auch durch Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren.

Was ist aus Deiner Sicht der "effektivste Arbeitsschutz" auf Baustellen? Wovon hängt dieser ab?

Stilling: Das ist zunächst mal gar nicht schwer, im ersten Moment. So ist die wichtigste Grundvoraussetzung, auch aufgrund meiner Erfahrungen, ein positives und angenehmes Betriebsklima. Gegenseitiger Respekt, Toleranz, Anerkennung und Wertschätzung. Kurz gesagt, einfach ein kollegiales Verhalten miteinander.

Mal ehrlich: Wie oft – gerne in Prozent - trifft das in der Realität zu?
Stilling: Da der Gesetzgeber auch die Berücksichtigung der psychischen Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung fordert, könnte man dies auch in Prozent angeben. Als reine Pflichterfüllung wäre dies bestimmt gut, aber der Nutzen für den Betrieb sollte aus meiner Sicht im Vordergrund stehen. Auf Grund vieler durchgeführter Gefährdungsbeurteilungen kann ich sagen, dass die Unternehmen vielmals ein besseres Betriebsklima haben als dies im Vorfeld von den eigenen Führungskräften oder auch vom Unternehmer eingeschätzt wird. Dies kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass Unternehmen die Gefährdungsbeurteilungen durchführen, generell „menschlicher“ sein könnten? Das lass ich jetzt mal so stehen 😉
Worauf kommt es also an?
Stilling: Eins ist doch klar, auch wenn es manchen schwerfällt: Die Vorgesetzten sollten als positives Vorbild vorangehen und auf die Einbindung aller Mitarbeiter hinwirken. Und erst dann kommen die klassischen Themen der Arbeitssicherheit wie zum Beispiel Unterweisungen angepasst auf die Mitarbeiter, Arbeitssicherheit die gelebt wird und nicht nur auf dem Papier steht.

Da trennt sich schnell die Spreu vom Weizen, oder?

Stilling: Wenn man genau hinsieht, ist es doch so: Bei den genannten Konflikten zwischen den gesetzlichen bzw. den berufsgenossenschaftlichen Vorgaben und den Arbeitgeber-Interessen stellt sich generell die Frage: Sind dies überhaupt verschiedene Interessen? Generell sind die „vielen“ Vorgaben ja zum Schutz der Mitarbeiter gedacht und somit sollte dies auch im Interesse jedes Arbeitgebers sein.

Denn gesunde Unternehmen haben auch gesunde Mitarbeiter! Und nur dann kann ein Unternehmen auch auf lange Sicht wirtschaftlich erfolgreich sein und bleiben. Ein „gesunder“ Kreislauf, wie ich meine.

Und um diesen Kreislauf am Leben zu halten, unterstützen wir von STILLING Arbeitsschutz die Arbeitgeber mit wirtschaftlichen und praxisnahen Lösungen, die mit den gesetzlichen bzw. den berufsgenossenschaftlichen Vorgaben abgestimmt sind.

Danke für das Interview!

Die Fragen stellte Stefan Beck, www.pressebeck.de  

Stefan Beck, 25. Mai 2022